Dieser Text stammt aus der Jubiläumsschrift „50 Jahre Wasser Sport Club Bern“ aus dem Jahre 1974

Gründung

Die Gründung des heutigen Wasser-Sport-Clubs Bern erfolgte 1924 beim sogenannten "Fischergut" unterhalb des Stauwehres in der Engehalde, Bern.

Dort, am Rande der heutigen Familiengärten, entstand auch das erste Depot. Im Jahre 1927 musste dieser Platz geräumt werden, weil die Bernischen Kraftwerke den Platz als Standort eines Mastes für die Hochspannungsleitung benötigte. Ein neuer Standort wurde uns im Thormannmätteli zugeteilt.

Über die Vorgeschichte und die Gründung selbst lassen wir lieber unsere einzigen noch lebenden Gründungsmitglieder Paul Huber und Robert Strahm sprechen

Die beiden sind, ohne voneinander zu wissen, auf dem Wege zur Jubiläumshauptversammlung. Es war ein schöner Tag der 26. Januar 1974 und so warm, als ob bereits der Frühling Einzug gehalten hätte. Darum haben sich beide vorgenommen, den Weg nach Worblaufen zu Fuss zurückzulegen

Ganz in Gedanken wandert Paul Huber dahin, frisch und munter wie immer. Man könnte meinender sei zwanzig und nicht bald siebzig. Auf einmal sieht er vor sich einen Mann, der ebenfalls in sich versunken, die Gegend betrachtet. Den sollte ich doch kennen denkt sich Paul und dann dämmert es ihm, das kann nur Robert Strahm sein. Er ruft ihn freudig an. Der Angesprochene dreht sich langsam um, er ist nicht mehr so rüstig wie Paul (schon über siebzig), ein freudiges Lächeln erhellt sein Gesicht.

Damit ist der Bann gebrochen und nach vielen Jahren der Trennung begrüssen sich die zwei "Gründer" mit aller Herzlichkeit.

Sie stehen just an einem Punkt, wo sie die früheren Gefilde ihrer "Piraten"-Tätigkeit überblicken konnten und so ist es ganz natürlich, dass das Erzählen beginnt, weisst Du noch der eine, weisst Du noch der andere. Bis zum Beginn der Hauptversammlung haben sie noch viel Zeit und rufen viele alte Erinnerungen wach. Doch jetzt will ich still sein, wir wollen die beiden belauschen was sie sich zu erzählen haben.

Siehst Du dort unten die Familiengärten in der Engehalde. Am Rande von diesen, dort wo jetzt der Mast der Hochspannungsleitung steht, waren wir zu Hause. Schon als Schulbuben, also lange vor der Gründung, waren wir jede freie Minute dort an der Aare. Die grösste Freude war für uns, wenn wir mit dem Boot eines Fischers auf der Aare herumgondeln konnten. War das eine schöne Zeit. Wenn nicht gerudert wurde sassen wir zusammen und sangen alte Lieder. Zuerst bauten wir eine kleine Bretterbude, um auch bei nassem und kaltem Wetter Zusammensein zu können. Wenn sich der Hunger bemerkbar machte, machten wir uns Spiegeleier. Hühner hatten wir zwar keine, aber irgendeiner fand immer Eier. Herrlich waren diese Freizeiten in unserer Jugend.

Das erste Schiff welches wir als unser Eigentum betrachteten, kam herrenlos die Aare hinunter. War das eine Aufregung und Freude zugleich. Keinem musste man etwas befehlen, alle halfen mit, dieses zu kapern, und allerdings mit etwas schlechtem Gewissen, in unseren Besitz zu nehmen. Es war ein alter, defekter Kahn ca. 5 m lang. Wir kamen uns wie Könige vor als wir dieses reparierten und flickten bis es "seetüchtig" wahr; um dann jede freie Minute auf der Aare herumzuflössen. Ruder und Stacheln waren keine vorhanden, aber ein Wasserfahrer weiss sich auch mit Bohnenstangen zu helfen.

Langsam ging man daran, einen Club zu gründen. Die Statuten wurden schon im Jahre 1923 aufgestellt. Bei anderen Wasserfahr-Vereinen wurde Umschau gehalten, etwas spioniert und so konnten wir diese zusammenstellen.

 

Erstes Clubwappen
Wassersport Verein Pirat

Den ersten kleinen Weidling konnten wir von einem Fischer billig erwerben. Dieses Schiff hiess PIRAT, so dass es für uns selbstverständlich war, den Club ebenso zu benennen.

Ein rechter Club hat auch sein Depot. So machten wir uns an die Arbeit und bauten mit Abbruchbrettern ein ca. 12 m langes Haus. Für uns war es damals das schönste Depot weit und breit.

Erstes Clubhaus beim "Fischergut"

 

 

Die Schiffe waren damals so 4 - 6 m lang und es wurde mit freier Hand gefahren. Jetzt musste Geld gespart werden, um grössere Schiffe kaufen zu können. Wir trachteten auf alle möglichen Arten zu verdienen, wie zum Beispiel auch, dass wir Spaziergänger von einem Ufer zum andern übersetzten. Die monatlichen Beiträge aller Mitglieder wurden auf Fr. 5.-- festgelegt. Später dann einige Jahre lang Fr. 3.--.

Endlich war es so weit und wir konnten mit ruhigem Gewissen zwei neue 9 m lange Weidlinge bei E. Hurst (heute Waldmeier) in Mumpf bestellen.

Die erste Pfingstfahrt von Bern nach Twann am Bielersee wurde mit diesen neuen Weidlingen gekoppelt durchgeführt. Alles ging vorerst gut und programmgemäss bis wir auf dem Bielersee waren. Dort kam plötzlich ein Sturm auf, welcher so heftig war, dass wir eine Stunde lang nicht vom Fleck kamen und auf der Höhe der Petersinsel liegen blieben. Zwei Mann waren ständig mit Wasserschöpfen beschäftigt. Schliesslich liess der Sturm doch nach und wir kamen, wenn auch etwas nass, glücklich am Ziel an. Die erste Hauptprobe war bestanden, die Freude darüber liess uns die nassen Kleider vergessen.

Dieser Erfolg stieg uns etwas in den Kopf und wir trachteten nach grösseren Dingen, zum mindesten nach einem 12 m langen Schiff. Aber woher das Geld nehmen, hatten doch schon einige Mitglieder Mühe, den für die damalige Zeit hohen Monatsbeitrag zu bezahlen. Auch brachten die abendlichen wie sonntäglichen Fahrten von einem Ufer zum andern nicht mehr so viel ein.

 Hingegen könnte man mit einem grösseren Schiff Aarefahrten mit mehr zahlendem Publikum durchführen

Wer sucht der findet und so erging es auch uns. Im Jahre 1926 wurde der Schiessstand Wyler abgebrochen. Dort befand sich eine grosse Backstein-Schutzmauer, welche ebenfalls liquidiert wurde. Das machte uns an die Arbeit. Jeder von uns schaffte sich einen Maurerhammer an und los ging‘s Abend für Abend von 1900 - 2200 Uhr in den Schiessstand. Bei Kälte, Regen und Schnee ging‘s ans Steine putzen bis wir letztlich12'500 Backsteine sauber hergerichtet hatten. Diese konnten wir einem Baumeistet im Breitenrain verkaufen und mit dem Erlös das sehnlichst gewünschte 12 m Schiff anschaffen.

 Drei Jahre später konnten wir sogar ein 15 m Schiff bestellen, um damit noch mehr Leute zu bezahlten Aarefahrten mitzunehmen.

Dazwischen machten wir jedes Jahr mindestens einmal einen Marsch mit Schiff nach Thun, von dort eine Aarefahrt nach Bern. Das war jedes Mal ein grosses Erlebnis und zugleich eine Aufmunterung für unsere Mitglieder.

Im Jahre 1927 mussten wir den bisherigen Depotplatz aufgeben, da an dieser Stelle ein Mast der Hochspannungsleitung zu stehen kam. So mussten wir abbrechen und "zügeln" zum neuen Standort im Thormannmätteli. Mit Schiff um Schiff beladen mit Holz, Ziegeln und anderen Geräten gondelten wir die Aare hinunter. Weil wir zwei Zimmerleute unter uns hatten, konnten wir den Aufbau des Depots, 16 m lang, selbst vornehmen.

Es folgte dann der Eintritt in die Satus-Sportvereinigung, wobei die Änderung des Clubnamens "PIRAT" als Bedingung für die Aufnahme gestellt wurde.

Daher wurde an der Hauptversammlung beschlossen, den Namen "PIRAT" zu löschen und den Club fortan als "Wasser-Sport-Club Bern" zu bezeichnen.

 Einige Jahre später erfolgte der Übertritt vom Satus zum Schweizerischen Wasserfahrer-Verband.

Im Jahre 1933 konnte erstmals eine Fernfahrt von Bern nach Köln, 7 Tage mit 16 Mann, durchgeführt werden. Ebenfalls 1933, erzählt Paul Huber, hat mein Halbbruder Koni Gloor die erste Fahne, nach meinen Angaben, selbst angefertigt.

1936 kauften wir vom Waffengeschäft Schwarz in Bern eine Winchester-Kanone, mit welcher wir unsere Ankunft immer lautstark anmelden konnten.

Pfingstfahrten wurden jedes Jahr durchgeführt. Entweder an den Bielersee oder Olten-Aarau-Basel, Yverdon-Grandson, also Neuenburgersee, Meiringen-Thun-Bern. Jede Fahrt ist noch heute eine schöne Erinnerung, wir gingen alle immer mit grosser Freude mit.

Eine grosse Wandlung brachte in technischer Hinsicht das Rudern vom Strick zum Nagel. Es braucht grössere Geschicklichkeit, wenn das Ruder mit dem Seil nicht mehr festgemacht ist, dafür ist aber die Kraftübertragung viel besser. In Basel war das schon lange bekannt und wir konnten diese Art des-Ruderns in Bern aktuell machen.

Ein grosses Erlebnis war der Bau des neuen Clubhauses 1946/47 am heutigen Standort Thormannmätteli.

 


 

Durch Tschan Hermann konnte eine Armeebaracke gekauft werden. Dank dessen Beziehungen wurde diese Baracke durch eine Motorwagen-Rekrutenschule von Giswil an den Standort in Bern gebracht.

Vorerst musste noch, um den Platz zu vergrössern, eine Stützmauer erbaut werden. Der Aufbau erfolgte, unter Leitung von zwei Zimmerleuten aus Giswil, durch unsere Mitglieder. Manche Stunde der und viele Schweisstropfen mussten dafür geopfert werden. Trotzdem, es waren schöne Zeiten. Viel wurde verlangt und jedes Mitglied musste viele Stunden, ja Tage und Wochen nebst Geld opfern, bis der heutige Standerreicht war. Aber wir alle haben das mit Freude getan und würden es wieder tun. Die beiden Erzähler sind nun am Ort der Hauptversammlung angelangt. Paul Huber, wie immer sich noch jung fühlend, hat schon wieder weitere Taten im Kopf. Robert Strahm sagt ihm zum Schluss: Lieber Paul, schau meine Hände sind zittrig geworden, bin halt alt geworden, aber im Herzen bin ich immer bei Euch bis an mein Lebensende.

Habt Dank, Ihr zwei lieben Kameraden, Ihr werdet unvergesslich bleiben und uns bleibt nur die Hoffnung, Euch noch viele Jahre unter uns zu haben, denn wir brauchen Euch und Eure Erfahrung.